Bericht von Annegret von Wietersheim über einen kleinen Ausflug mit geflüchteten Frauen aus Afghanistan:
Über die Gruppe Asylkreis Eberstadt im KOKAS sowie das Begegnungscafé Eberstadt habe ich die Veranstaltung „Führung im Hessischen Landesmuseum Darmstadt am 10. 8. 2017“ bekanntgegeben. Es wurden Frauen aus den entsprechenden Sprachkursen, persönlich bekannte und befreundete Frauen angesprochen. Mit dem HLMD kam ein schöner Kontakt zustande: das Museum unterhält ein vom Rotary-Club gesponsertes Programm für Geflüchtete, das einen ersten Einblick in die Bestände des Museums gibt und Exponate aus verschiedenen Abteilungen erklärt. Besuch und Führung für Geflüchtete ist in diesem Rahmen kostenlos.
Der angekündigte Trefftermin 14 Uhr vor dem Museum erwies sich als etwas problematisch. Einige Frauen schafften es absolut pünktlich, die letzten kamen um 14.45. Dabei hat uns Lina Barati, eine erfahrene ältere Afghanin, die auch schon auf der Mathildenhöhe dabei war, organisatorisch sehr geholfen, aber der Zeitbegriff scheint noch ein bisschen dehnbar zu sein. Die Führerin im HLMD nahm aber alles sehr gelassen und geduldig. Größte Aufmerksamkeit herrschte bei der Abteilung Tiere; auch die Ritter fanden alle sehr interessant.
Die Renaissanceabteilung erregte Entzücken: soviel Gold und Silber (alles echt?). Hilflosigkeit, vielleicht auch einsetzende Ermüdung, bei der modernen Kunst. Diese Säle haben wir dann schnell wieder verlassen.
Reizvoll, aber auch schwierig war es, den unterschiedlichen Bildungshintergründen in etwa gerecht zu werden. In der Gruppe befanden sich Analphabetinnen neben ehemaligen Lehrerinnen, der Zugang zum Gezeigten war also durchaus verschieden. Die Gruppe bestand ausschließlich aus Afghaninnen; die meisten kamen vom Land, wie meine eigene Sprachschülerin auf Grund ihres Dialekts feststellte. Die Altersgruppe war weit gefasst: es waren 2 Drittklässler dabei (obwohl eigentlich keine Kinder mitsollten), die alles sprachlich wie sachlich sehr gut verstanden, eine Menge junge Frauen, die vor allem Selfies vor den Exponaten machten, und auch viele ältere Frauen, die sich sehr ernsthaft auf die Informationen einließen. Aber Spaß hatten erkennbar alle!
Die größte Schwierigkeit im Vorfeld war wieder die Kinderbetreuung. Ich verfolge mit diesen kleinen Ausflügen ja nicht nur die Vermittlung von Darmstädter Infrastruktur und kulturgeschichtliche Informationen, sondern auch die Schaffung eines winzigen Freiraums für ziemlich gestresste Familienfrauen. Einige der Teilnehmerinnen betonten diesen Aspekt ausdrücklich, waren richtig froh über den Nachmittag, den sie für sich hatten. Ihre Männer sind immer noch sehr zögerlich, was Kinderbetreuung angeht; die Rollenverteilung ist aus männlicher Sicht noch immer ganz konservativ. Auch aus dieser Perspektive halte ich die Frauenprojekte für unbedingt nötig!
Der Nachmittag klang gegen 17 Uhr aus im Café, das dem Museum angeschlossen ist. Unglaubliche Lautstärke, viel Gelächter und Gespräche alle waren glücklich, scheint mir. Vielen Dank, dass DaMigra wieder Unterstützung zugesagt hat.
Das nächste Mal könnten wir auf die Rosenhöhe/Hofgut Oberfeld gehen, das wäre auch was für Kinder.