Ohne Not flieht niemand!

Workshop „Flucht und Asyl“ an der Freien Waldorfschule Darmstadt, 2.-4. Mai 2016

Anfang Mai hatten vier Mitarbeiter/innen von KOKAS* die Gelegenheit, im Rahmen der diesjährigen Projekttage an der Waldorfschule Darmstadt einen Workshop zum Thema „Flucht und Asyl“ anzubieten. Vermittelt hatte das Peter S., Lehrer an der Waldorfschule, der seit langem Kontakt zu Johannes Borgetto von KOKAS hat.

Zunächst war unklar gewesen, ob sich an der Waldorfschule überhaupt ausreichend Interessent/innen für dieses Thema finden würden – zumal das thematische Angebot der Projekttage breit gefächert war. Dann hatten wir aber doch einen zwar kleinen, aber festen Kreis von 9 bis 10 Schülerinnen aus den Jahrgangsstufen 8 – 10, die über zweieinhalb Tage regelmäßig und äußerst interessiert an unserer Veranstaltung teilnahmen. Aufgrund der relativ geringen Teilnehmerzahl – und der ungünstigen Sitzverhältnisse im Physikraum –  verzichteten wir auf die ursprünglich geplante Gruppenarbeit. Trotzdem gelang es uns, die Veranstaltung in einer offenen und lockeren Atmosphäre zu gestalten, wie uns die Schülerinnen am Ende bestätigten.

Thematisch ging es um

  • eine Auseinandersetzung mit gängigen Aussagen und Vorurteilen über „die Flüchtlinge“. Vorurteile wie „Die Flüchtlinge kommen alle zu uns“, „Die nehmen uns die Jobs weg“ oder „Die kommen nur wegen des Geldes“, wurden mit Zahlen und Fakten konfrontiert.
  • eine Sammlung von möglichen Fluchtgründen, von denen anschließend einige vertiefend behandelt wurden. Insbesondere ging es um Krieg, religiöse Konflikte, ungerechte globale Handelsbeziehungen, Ausbeutung von Rohstoffen (auch für unseren Konsum), oder um Waffenexporte, mit denen die deutsche Wirtschaft gute Geschäfte macht.

Bei der Diskussion über die Fluchtursachen zeigten sich die Schülerinnen zu vielen Punkten erstaunlich gut informiert und reflektiert. Was oft blieb war die Frage: Was können wir dagegen tun?

Am zweiten Tag präsentierte Jörg eine detaillierte Aufarbeitung der Geschichte Syriens und des Syrienkonflikts. Dabei erfuhren nicht nur die Schülerinnen manches, was sie (und wir) zuvor nicht gewusst hatten, und es wurde deutlicher, warum dieser Konflikt so komplex und so schwer lösbar ist.

Die Vermittlung von Fakten und deren Diskussion wurde mehrfach aufgelockert und zugleich ergänzt durch Arbeitsblätter, welche Annegret, die früher selbst Lehrerin war, mitgebracht hatte. Die Blätter behandelten Themen wie Vorurteile, Fremdsein, Gewalt und – am Schluss – Frieden: Was bedeutet er für uns, was assoziieren wir damit?

Ein „Höhepunkt“ am Nachmittag des zweiten Tages war der Besuch von zwei Flüchtlingen aus Jugenheim, die mit ihrer Betreuerin gekommen waren. Vladimir, 15, ein Roma aus Serbien, war über einige Umwege mit seiner Familie nach Deutschland gekommen. Er ist bereits über ein Jahr da, inzwischen sind er und seine Eltern anerkannte Flüchtlinge. Mohammad, 22, kommt aus Syrien und ist erst seit zwei Monaten in Deutschland. Über seinen Asylantrag wurde noch nicht entschieden. Beide junge Männer erzählten über ihre Flucht, aber auch über ihre Träume und Pläne für die Zukunft. Für die Schülerinnen war es interessant, den jungen Männern, die kaum älter sind als sie selbst, zuzuhören und sich mit ihnen auszutauschen.

Am Ende der zweieinhalb Tage gab es viel positives Feedback für uns – das wir gerne zurückgeben möchten. Wir haben alle etwas dazu gelernt, ein paar Vorurteile sind auf beiden Seiten gefallen, und es hat uns, trotz des ernsten Themas, Spaß gemacht. Wir kommen gerne wieder!

* KOKAS = Koordinationskreis Asyl, Teilnehmer/innen seitens KOKAS waren: Jörg, Bettina, Despina und Annegret.

Bericht: Bettina Schmitt
Asylkreis Darmstadt