Pfingstmontag. Mahnwache für eine humane Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa, die 23. „Wissen sie was“, sagt ein Passant, „Sie Kommen mir vor wie der Rufer in der Wüste“ „Gut getroffen“, gebe ich zurück, „mein Namenspatron ist Johannes der Täufer“. Wir stehen wie immer, zum Glück ist Angelika Schneider zu Monika und mir noch dazu gestoßen, so daß eine Handzettelverteilung möglich war (zwei müssen das Transparent halten). Etwas später gesellt sich auch noch Sigrid dazu, nach einer Pfingstwanderung von Eberstadt zum Luisenplatz.
Ein sonniger Spätnachmittag. Die Cafés reihum gut besetzt. Passantenverkehr etwas spärlicher, aber diskussionsfreudiger. „Was da zu uns reinkommt…“, „wer da zu uns reinkommt“, korrigiere ich, „es handelt sich um Menschen“. Die Person stutzt. So hat sie das möglicherweise noch gar nicht gesehen. Dennoch sitzt die Angst tief, die Ablehnung ist massiv, die Pauschalisierungen sind flächendeckend. „Aber jemand muß doch Ihre Rente zahlen“, rufe ich noch nach. Der Begleiter meint, dafür habe er ein ganzes Arbeitsleben eingezahlt. „Falsch“, korrigiere ich ihn, „Sie haben für Ihre Vorgängergeneration gezahlt“, die nachfolgenden zahlen für uns und das sind zu wenige“. Alles mögliche wird da zusammen gemischt: Arbeitsmigration, EU-Freizügigkeit, Flüchtlinge, Parallelgesellschaft, Islamisierung, Kapitalismus, korrupte Politikerclique. Dagegen könnte doch niemand was ausrichten. Das Kapital befiehlt, die Politiker führen aus, wird wütend festgestellt. Offenbar sind wir für den Passanten ein Ärgernis, so in unserer „Beschränktheit“. Aber vielleicht würde das Kapital noch rigider durchregieren, würden wir uns nicht wehren, unbeschränkt an vielen Orten. Mahnwache als Speaker’s Corner.
Mehr Passanten haben offenbar etwas Zeit zum Reden, am Feiertag.
Die Botschaft der Humanität und Vielfalt hat noch viele Etappen vor sich. Wir werden noch viel Geduld und Einfühlungsvermögen brauchen. Mit einigen Menschen sind wir wieder kurze Wegstrecken gegangen. Mahnwache macht auch zu Dritt Sinn. Wie war das? Den Populisten eine Torheit, den Ideologen ein Ärgernis…
Beobachtung: Den besorgten Menschen zuhören und sie in ihren Sorgen annehmen, öffnet.
Erfolg: Ich bin nicht einmal laut geworden, konnte auch mal mit Scherzen auflockern.
Johannes Borgetto