Gedenken an die Toten an den europäischen Außengrenzen

„…die im Dunkeln sieht man nicht“
Gedenken an die Toten an den europäischen Außengrenzen am Volkstrauertag
vor und im Justus-Liebig-Haus in Darmstadt

Nach und nach füllt sich das blaue Tuch, das das Meer symbolisieren soll, mit Kerzen. Teilnehmende entzünden zu Beginn des „Gedenkens an die Toten an den Europäischen Außengrenzen“ am Volkstrauertag Lichter für auf der Flucht ertrunkene oder anderweitig vor den Grenzen Europas ums Leben gekommene Menschen. Bis jetzt sind in diesem Jahr im Mittelmeer bereits knapp 2000 Menschen ertrunken.

Überragt wird das symbolisierte Meer von einem „Lampedusa-Kreuz“, gefertigt von einem auf der Insel Lampedusa ansässigen Künstler aus Wrackteilen von dort gestrandeten Flüchtlingsbooten. Ein Trägerkreis aus kirchlichen und säkularen Gruppen und Einrichtungen in Darmstadt hatte bereits zum sechsten Mal zu einem Gedenken am Volkstrauertag unter dem Titel „…die im Dunkeln sieht man nicht“ eingeladen.

Bild: Jürgen Zachmann, Text J.Zachmann/J.Borgetto

Nach der Kerzen-Zeremonie für die Fluchtopfer sprachen Vertreterinnen und Vertreter aus dem Veranstalterkreis: Ein Sprecher von „Seebrücke Darmstadt“ trug ein berührendes Gedicht über das Schicksal von Flüchtenden auf dem Meer vor. „Heute trauern wir, doch wir wollen dabei nicht stehenbleiben“, sagte er und forderte „sichere und legale Fluchtwege nach Europa und eine menschenwürdige Aufnahme“, wofür er viel Applaus von den rund 100 Menschen bekam, die zu dem Gedenken gekommen waren.

Clemens Weßelburg vom Koordinationskreis Asyl Darmstadt prangerte die EU-Politik der Abschiebung und Zurückweisung von Flüchtlingen an den Außengrenzen an, genauso wie die Beschlagnahmung von Rettungsschiffen in Italien, das brutale Vorgehen der libyschen Küstenwache und so genannte „Push-Backs“ etwa vor der Küste der Türkei. Hier werde das „Recht auf Asyl untergraben“. Es sei vielmehr „die Pflicht Europas, das Recht auf Leben zu schützen“, so Weßelburg. Niemand setze sich leichtfertig in ein marodes Boot.

Halima Gutale von „Halima aktiv für Afrika e.V.“, die selbst aus Somalia flüchten musste, mahnte an, dass Aktivisten für Flüchtende aus Afrika „keine große Lobby“ in Deutschland hätten. Die Solidarität der Deutschen etwa zurzeit mit Geflüchteten aus der Ukraine sei ungleich größer. Sie bat: „Bitte vergesst nicht die anderen, die vor Diktatoren und Kriegen flüchten.“

Dem Trägerkreis gehören Ägyptischer Verein, Antirassistische Gruppe Internationale Solidarität, ClandestIni e. V., Evangelisches Dekanat Darmstadt, Halima aktiv für Afrika e. V., Interreligiöser Arbeitskreis, Katholischer Pastoralraum Darmstadt-Mitte, Koordinationskreis Asyl Darmstadt, pax christi Darmstadt und Seebrücke Darmstadt, an.

Johannes Borgetto