Koordinationskreis Asyl Darmstadt und Umgebung: Wo wir herkommen

Der „Koordinationskreis Asyl Darmstadt und Umgebung“ ist zur Zeit der Wende 1989 und dem damit verbundenen Anstieg der Flüchtlingszahlen in Deutschland entstanden.

1986 hatte sich gerade „Pro Asyl“ gegründet, als Menschenrechtsorganisationen für den Schutz und die Rechte von asylsuchenden Menschen in Deutschland und Europa. Auf lokaler Ebene entstand ebenfalls ein Interesse an gegenseitiger Information, Vernetzung, gemeinsame Planung von Veranstaltungen. Damals gab es praktisch keine Unterstützung seitens der kommunalen Verwaltungen. Die an Unterstützung von Flüchtlingen Interessierten mußten das Rad selbst erfinden. Dazu trafen sich Aktive aus Asylkreisen in der Umgebung Darmstadts, zunächst in der Katholischen Hochschulgemeinde Darmstadt. 1999 siedelte der Koordinationskreis in den Caritasverband Darmstadt um.

Politisch engagierte sich der Kreis damals gegen den sog. Asylkompromiß 1993, mit dem das Grundgesetz geändert und die Asyl-Möglichkeit massiv eingeschränkt wurde. In der Folgezeit gingen die Flüchtlingszahlen massiv zurück, Unterkünfte wurden geschlossen, Asylkreise lösten sich auf. Auch der Koordinationskreis „köchelte“ nur noch auf kleiner Flamme. Im Prinzip wurde er von Hauptamtlichen in der Migrationsarbeit aus verschiedenen Wohlfahrtsverbänden ehrenamtlich am Leben erhalten. Sie hatten die Motivation, ein Bewußtsein für das Menschenrecht Asyl aufrecht zu erhalten und Flüchtlinge zu beraten, soweit sie sich meldeten. Eine offizielle Beratungsstelle bestand durchgehend beim Diakonischen Werk Darmstadt.

KOKAS informierte in dieser Zeit über europäisches Asylrecht, sammelte Material zu Afghanistan, und baute die eigene Netzseite auf. Die jährliche Interkulturelle Woche war eine der Gelegenheiten, mit den Themen in die Öffentlichkeit zu treten.

Die gesetzlichen Restriktionen für Schutzsuchende mit Aufenthaltsgestattung verurteilten die Menschen zum Nichtstun, solange das Verfahren dauerte. Deshalb richtete der Koordinationskreis ab 2008 einen Sprachkurs mit einem ausgebildeten ehrenamtlichen Sprachlehrer ein. Dieser Sprachkurs wurde von Asylsuchenden aus dem Stadtgebiet und dem gesamten Landkreis besucht. Da es viel Nachfrage zum Üben der deutschen Sprache gab, bot der Arbeitskreis ab 2010 auch einen sog. Sprachclub an, der zur Konversation auf deutsch diente.

Dann begannen die Flüchtlingszahlen wieder zu steigen. Es wurden wieder in allen Kommunen Flüchtlings-Unterkünfte errichtet, es gab wieder Bedarf für Unterstützung der Schutzsuchenden. In den Kommunen gründeten sich wieder Asylkreise. Der Koordinationskreis hatte diese Szene im Blick und half tatkräftig bei der Gründung lokaler Unterstützungsgruppen: 2013 in Pfungstadt, 2014 in Messel, 2015 in Roßdorf und Eberstadt, 2016 in Kranichstein.

Mit der Entwicklung eines Unterstützungsnetzes für Flüchtlinge seit Mitte der 2010ner Jahre, sowohl durch die Politik, kommunale Verwaltungen, kirchliche Einrichtungen und die voranschreitende „Verhauptamtlichung“ und damit stärkere Professionalisierung der Arbeit sieht auch der Koordinationskreis Asyl sich wieder stärker in einer Vernetzungs-, Bildungs- und Lobbyrolle für Geflüchtete, als in der Rolle der Trägerschaft von Veranstaltungen direkt für Schutzsuchende.

 

Johannes Borgetto