Aussetzung des Familiennachzugs widerspricht der Verfassung

Aussetzung des Familiennachzugs widerspricht der Verfassung – Arbeitshilfe Familiennachzug jetzt online:

Mit dem sogenannten Asylpaket II trat zum 16. März 2016 unter anderem die vielfach kritisierte Regelung in § 104 Abs. 13 AufenthG in Kraft, durch welche das Recht auf Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten [i] für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesetzt wurde.

Nicht nur, aber insbesondere für Schutzsuchende aus Syrien hat die Regelung gravierende Folgen. Im Jahr 2015 hatte die weit überwiegende Mehrheit der Schutzsuchenden aus Syrien vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen. Das änderte sich jedoch nach Inkrafttreten des »Asylpakets II« aufgrund geänderter Entscheidungspraxis des BAMF. Seitdem erhalten rund zwei Drittel der Schutzsuchenden aus Syrien nur noch den subsidiären Schutzstatus. Das heißt, durch das Zusammenwirken von gesetzlicher Sperrfrist und zunehmend restriktiver BAMF-Entscheidungspraxis ist mittlerweile die weit überwiegende Mehrheit der Schutzsuchenden aus Syrien von der Aussetzung des Familiennachzugs bis zum 16. März 2018 betroffen.

Nach Ansicht der Bundesregierung muss der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten in außergewöhnlichen Einzelfällen entsprechend §22 AufenthG geprüft bzw. ermöglicht werden [ii]Anna Schmidt und Sebastian Muy [iii] vom Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant‘innen (BBZ)argumentieren nun, dass diese Einzelfallregelung nicht ausreicht und dass die pauschale Aussetzung des Familiennachzugs gegen Grund- und Menschenrechte, das Deutsche Grundgesetz (Art. 6) und ebenso die UN-Kinderrechtskonvention verstößt. Die Vertragsstaaten der UN-Kinderrechtskonvention haben sich dazu verpflichtet, den Gesichtspunkt des Kindeswohls bei allen Maßnahmen, die minderjährige Kinder betreffen, vorrangig zu berücksichtigen (Art. 3 KRK). Dazu gehört in jedem Fall das Recht auf Familienleben.

Schmidt und Muy haben eine Arbeitshilfe entwickelt, die darstellt, wie das Verfahren der Familienzusammenführung abläuft und was im Fall der Ablehnung eines Visumsantrags getan werden kann. Ergänzt wird die Darstellung durch erste Praxiserfahrungen sowie durch ein Beispielschreiben, in dem mögliche Argumente für einen Antrag auf Familiennachzug zusammengetragen wurden.

Die Arbeitshilfe finden Sie hier: http://www.asyl.net/arbeitshilfen-publikationen/arbeitshilfen-zum-aufenthalts-und-fluechtlingsrecht/arbeitshilfe-familiennachzug.html

Hinweis: http://www.asyl.net/ ist überhaupt eine Fundgrube von Informationen zu unserem Thema.

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[i] Subsidiärer Schutz greift dann, wenn den Flüchtlingen weder die Asylberechtigung noch Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt wird, sie aber dennoch nicht abgeschoben werden können, weil ihnen in ihrem Herkunftsland ernsthafter Schaden droht.

[ii] „Einem Ausländer kann für die Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden.“ (§ 22 Satz 1 AufenthG )

[iii] Anna Schmidt und Sebastian Muy arbeiten beim BBZ – Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant_innen/KommMit e.V. in Berlin.